Auch für lohnsteuerpflichtige Einkünfte kann es (nach Ablauf des Kalenderjahres) zu einer „Veranlagung“ kommen. Das heißt, das Finanzamt berechnet die Einkommensteuer neu und stellt sie der vom Arbeitgeber einbehaltenen Lohnsteuer gegenüber, wobei sich für den Arbeitnehmer zumeist eine Gutschrift ergibt. Zur Gutschrift kommt es, wenn Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder Absetzbeträge, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, im Rahmen der Veranlagung abgezogen werden. Gutschriften ergeben sich idR auch, wenn die monatlichen Bezüge unterschiedlich hoch waren oder wenn der Arbeitnehmer nur während eines Teiles des Jahres Einkünfte bezogen hat. Anhängig vom Sachverhalt kann es auch zu einer Nachzahlung kommen.
Es gibt drei Formen der Veranlagung: die antragslose Veranlagung, die Antragsveranlagung und die Pflichtveranlagung.
1. Antragslose Arbeitnehmerveranlagung
Stellt der Arbeitnehmer keinen Antrag auf Veranlagung für das Jahr 2023 (und liegen nicht die Voraussetzungen einer Pflichtveranlagung vor), führt das Finanzamt die so genannte „antragslose Arbeitnehmerveranlagung“ für das Jahr 2023 durch, wenn
- der Arbeitnehmer im Jahr 2023 keine anderen Einkünfte als nichtselbstständige Einkünfte bezogen hat und
- die Veranlagung zu einer Steuergutschrift führt.
Bei der antragslosen Arbeitnehmerveranlagung kann das Finanzamt nur jene Informationen berücksichtigen, die ihm bereits vorliegen (zB die dem Finanzamt elektronisch übermittelten Bestätigungen über Spenden an begünstigte Vereine und über Kirchenbeiträge).
2. Antragsveranlagung
Bis zum Ablauf von fünf Jahren kann der Arbeitnehmer einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung stellen, für das Jahr 2023 somit bis Ende 2028. Im Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung kann der Steuerpflichtige Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Absetzbeträge geltend machen (siehe unten).
Sollte die Antragsveranlagung ausnahmsweise zu einer Steuernachzahlung führen, dann kann der Antrag (mittels Einbringung einer Beschwerde) zurückgezogen und damit die Nachzahlung vermieden werden.
TIPP: Vor der endgültigen Einreichung der Steuererklärungen zur Antragsveranlagung via FinanzOnline empfiehlt es sich, dort eine Vorabberechnung durchzuführen. Sollte diese zu einer Nachzahlung führen, so kann von der freiwilligen Einreichung abgesehen werden, was eine Beschwerdeerhebung erspart.
3. Pflichtveranlagung
Übersteigt das Einkommen des Arbeitnehmers im Jahr 2023 den Betrag von € 12.756, muss eine Steuererklärung zur Arbeitnehmerveranlagung (Pflichtveranlagung) insbesondere dann eingereicht werden, wenn einer der folgenden Umstände vorliegt:
- neben den lohnsteuerpflichtigen Einkünften wurden andere Einkünfte (zB aus Vermietung) bezogen, die € 730 übersteigen,
- es wurden zumindest zeitweise gleichzeitig von zwei oder mehreren Arbeitgebern lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen,
- bei der laufenden Lohnverrechnung wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag, der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag oder der Pensionistenabsetzbetrag gewährt, obwohl die Voraussetzungen nicht vorlagen,
- es wurde zu Unrecht ein zu hohes Pendlerpauschale berücksichtigt,
- es wurde zu Unrecht ein steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers zur Kinderbetreuung bezogen,
- es wurde zu Unrecht ein Familienbonus plus gewährt,
- bei der Lohnverrechnung wurde ein Freibetragsbescheid berücksichtigt,
- es wurde ein zu hohes Homeoffice-Pauschale steuerfrei belassen,
- mehr als € 3.000 Teuerungsprämie bzw Mitarbeitergewinnbeteiligung wurden steuerfrei behandelt,
- eine Wochen-, Monats- oder Jahreskarte für ein Massenbeförderungsmittel wurde steuerfrei zur Verfügung gestellt, obwohl die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht vorlagen.
NEU ab 2023:
- Sportvereinigungen haben an Sportler, Schiedsrichter und Sportbetreuer (zB Trainer, Masseure) pauschale Reiseaufwandsentschädigungen steuerfrei ausbezahlt, es lagen aber die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht vor.
Hinweis: Wenn der Arbeitnehmer nicht steuerlich vertreten ist, muss die Steuererklärung 2023 entweder bis Ende Juni 2024 elektronisch (über FinanzOnline) oder bereits bis Ende April 2024 schriftlich eingereicht werden. Arbeitnehmerveranlagungen sind nicht von der Quotenregelung umfasst.
4. Welche Ausgaben können abgezogen werden?
Bei der Antragsveranlagung und der Pflichtveranlagung können Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden.
WERBUNGKOSTEN sind alle mit dem Beruf zusammenhängende Aufwendungen.
Das sind zum Beispiel:
- Kosten für typische Arbeitskleidung (zB Arbeitsmantel, Monteuranzug, Stützschuhe und Stützstrümpfe bei stehenden Berufen).
- Homeoffice-Pauschale: Der Arbeitgeber kann bis zu € 3 pro Homeoffice-Tag als Homeoffice-Pauschale steuerfrei auszahlen (maximal für 100 Tage pro Jahr). Zahlt der Arbeitgeber kein Homeoffice-Pauschale oder weniger als € 3 pro Homeoffice-Tag, wird die Differenz bei der Arbeitnehmerveranlagung als Teil der Werbungskosten berücksichtigt. Dies erfolgt automatisch, wenn der Arbeitgeber die Homeoffice-Tage im Lohnzettel eingetragen hat. Eine eigenständige Nachmeldung ist nicht möglich.
- Arbeitnehmer, die an mindestens 26 Tagen im Homeoffice gearbeitet haben, können auch Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar (Schreibtisch, Drehstuhl, Beleuchtung) bis zu € 300 pro Jahr als Werbungskosten geltend machen. Zusätzlich können sie Ausgaben für digitale Arbeitsmittel (Computer, Drucker, Router, etc) – diese allerdings gekürzt um ein vom Arbeitgeber steuerfrei ausbezahltes Homeoffice-Pauschale – geltend machen.
- Kosten für ein eigenes steuerliches Arbeitszimmer samt beruflicher Einrichtung (AfA, anteilige Miete, Betriebskosten) können dann geltend gemacht werden (etwa bei Heimarbeitern oder Heimbuchhaltern), wenn das Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung ausschließlich für den Beruf verwendet wird, den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet und nicht ohnedies beim Arbeitgeber ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
- Kosten für Fortbildung und Umschulung sowie
- Reisekosten für beruflich veranlasste Reisen. Verwendet der Arbeitnehmer dafür sein privat finanziertes Öffi-Ticket (Klimaticket), so kann er für die beruflichen Fahrten die fiktiven Kosten für das günstigste öffentliche Verkehrsmittel geltend machen.
- Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kann ab einer Strecke von 20 km (falls das öffentliche Verkehrsmittel nicht zumutbar ist, bereits ab einer Strecke von 2 km) das Pendlerpauschale angesetzt werden. Dabei kommen für Jänner bis Juni 2023 noch erhöhte Beträge zum Ansatz. Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten eines Öffi-Tickets (Wochen-, Monats- oder Jahreskarte), wird das absetzbare Pendlerpauschale um den Betrag dieser Kostenübernahme gekürzt.
- Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten: Ist der Beschäftigungsort vom Familienwohnsitz zu weit entfernt, um täglich nach Hause fahren zu können (jedenfalls bei einer Entfernung von über 80 km), und wird daher eine Zweitwohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes benötigt, sind die Kosten dieser Zweiwohnung absetzbar. Weiters können dann Kosten für die Fahrten zwischen dem Zweitwohnsitz und dem Familienwohnsitz bis zum Betrag von € 306 pro Monat abgesetzt werden.
SONDERAUSGABEN sind im Gesetz einzeln aufgezählte Ausgaben des Privatbereichs. Dazu gehören Spenden an begünstigte Einrichtungen sowie Kirchenbeiträge, ebenso der Nachkauf von Versicherungszeiten (Schul- und Studienzeiten) sowie Steuerberatungskosten.
Seit 2022 können Ausgaben für die thermisch-energetische Sanierung von Gebäuden pauschal als Sonderausgaben abgesetzt werden (zB Dämmung von Außenwänden oder Decken, Austausch von Fenstern). Gleiches gilt für den Ersatz eines fossilen Heizungssystems durch ein klimafreundliches Heizungssystem (zB Umstellung von Öl- oder Kohleheizung oder Nachtspeicherofen auf Fernwärme oder Holzzentralheizung oder Wärmepumpe). Voraussetzung ist, dass hierfür nach dem 31.3.2022 ein Ansuchen um eine Bundesförderung eingereicht worden ist und die Förderung nach dem 30.6.2022 ausbezahlt worden ist.
Die Ausgaben für die thermisch-energetische Sanierung müssen (nach Abzug der Förderung) den Betrag von € 4.000 übersteigen, jene für den Ersatz eines fossilen Heizungssystems den Betrag von € 2.000. Im Kalenderjahr der Auszahlung der Förderung und in den folgenden vier Kalenderjahren wird dann jeweils automatisch bei der Veranlagung ein Pauschalbetrag von € 800 bzw € 400 als Sonderausgabe vom zu versteuernden Einkommen abgezogen.
AUSSERGEWÖHNLICHE BELASTUNGEN sind zwangsläufige Ausgaben, die sich aus dem Privatbereich des Steuerpflichtigen ergeben (zB Krankheitskosten, Hörgerät, Zahnersatz, Kosten einer Diätverpflegung, Katastrophenschäden, etc).
- Grundsätzlich sind außergewöhnliche Belastungen um einen Selbstbehalt (= Prozentsatz des Jahreseinkommens – siehe Tabelle) zu kürzen, bevor sie steuerlich berücksichtigt werden. Kosten für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder werden mit Pauschalbeträgen berücksichtigt.
- Aufwendungen aufgrund einer Behinderung werden ab einer Erwerbsminderung von 25% ohne Abzug eines Selbstbehalts als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. Dabei sind zusätzlich zu den Pauschalbeträgen die tatsächlichen Kosten für die erforderlichen Hilfsmittel (zB rollstuhlgerechte Adaptierung der Wohnung) und Heilbehandlungen
- Aufwendungen für ein Pflegeheim (Pflegestation eines Seniorenheims) sind außergewöhnliche Belastung, wenn Pflegebedürftigkeit gegeben ist, was jedenfalls ab der Pflegestufe 1 ohne weitere Prüfung angenommen wird.
5. Absetzbeträge
Bei der Veranlagung können auch bislang noch nicht berücksichtige Absetzbeträge von der Steuer abgezogen werden, insbesondere Alleinverdienerabsetzbetrag, Alleinerzieherabsetzbetrag, Familienbonus plus, Verkehrsabsetzbetrag. Dazu kommen:
- Arbeitnehmer mit einem Einkommen (im Jahr 2023) unter € 774 erhalten zum Verkehrsabsetzbetrag von € 421 (bzw zum erhöhten Verkehrsabsetzbetrag bei Anspruch auf ein Pendlerpauschale) einen Zuschlag von bis zu € 684. Dieser Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag ist nur im Rahmen der Veranlagung zu berücksichtigen.
- Einem Steuerpflichtigen, der für ein Kind, das nicht zu seinem Haushalt gehört, den gesetzlichen Unterhalt leistet (zB nach einer Trennung der Eltern), steht bei der Veranlagung für 2023 ein Unterhaltsabsetzbetrag von € 31, für das zweite Kind € 47 und für jedes weitere Kind € 62 monatlich zu. Die Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages erfolgt nur im Veranlagungsverfahren. Steht der Unterhaltsabsetzbetrag zu, kann der Unterhaltspflichtige auch einen (halben) Familienbonus plus geltend machen.
6. Negativsteuer bei der Veranlagung von niedrigem Einkommen
Ist das Einkommen so niedrig, dass sich eine Einkommensteuer von Null ergibt, kann die Veranlagung (zusätzlich zur Rückzahlung der einbehaltenen Lohnsteuer) zu Gutschriften führen:
- Insoweit sich durch den Abzug der Steuerabsetzbeträge von der Tarif-Einkommensteuer ein Betrag unter Null errechnet, wird ein Betrag in Höhe des zustehenden Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrages (für 2023: € 520) als Gutschrift
- Ergibt sich bei Arbeitnehmern oder Pensionisten durch den Abzug der Steuerabsetzbeträge von der Tarif-Einkommensteuer ein Betrag unter Null, werden bestimmte Prozentsätze der geleisteten Sozialversicherungsbeiträge bei der Veranlagung als Gutschrift zurückerstattet.
- Kindermehrbetrag: Alleinverdienenden oder alleinerziehenden Steuerpflichtigen mit niedrigem Einkommen, die Kinderbetreuungsgeld / Wochengeld / Pflegekarenzgeld bezogen haben oder zumindest 30 Tage berufstätig waren, steht im Rahmen der Veranlagung die Auszahlung eines Kindermehrbetrages von bis zu € 550 pro Kind als Gutschrift